Die Chefs und ihre Körpersprache

Oftmals werde ich innerhalb der Leistungen des Berufscoachings angesprochen, warum manche Chefs so sind wie sie sind?

„Mein Chef versteht mich nicht!“ oder „Was will mir mein Chef sagen?“ und andere Äußerungen sind Hinweise darauf, dass uns die Kommunikation zwischen Chef und Mitarbeiter immer wieder Rätsel aufgibt.

Dabei können wir durch Aufmerksamkeit viel von den Standpunkte und den Beweggründen der Chefs erfahren – wen wir nur noch besser ihre Körpersprache lesen lernen. Wenn wir das tun und uns immer neu auf dieses Feld der „Universalsprache“ begeben, ist es leichter möglich, Bemerkungen und Botschaften an uns Mitarbeiter zu deuten und zu werten.

Über die Körpersprache ist schon so viel geschrieben und trainiert worden! Manchmal gehen diese Erkenntnisse im Alltagsgeschäft unter. Dann setzt höhere Stress ein und unsere Arbeitstage werden noch komplizierter.

Dabei ist es doch so einfach. Jedenfalls, wenn man die richtigen Helfer und/oder Trainer an seiner Seite hat.
Einer unserer Kollegen – Herr Jan Sentürk – ist ein Spezialist in Sachen Körpersprache! Herr Sentürk hat gerade zu dem Thema der Körpersprache von Führungskräften einen interessanten Artikel abgefasst, den wir hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlichen dürfen. Wir hoffen sehr, dass der Inhalt Sie neu anregt, und es Ihnen möglich macht, die nonverbalen Botschaften Ihres Vorgesetzten wieder besser verstehen zu können. Danach fällt vieles leichter.
Wir danken Herrn Sentürk ausdrücklich für Seine Bereitschaft.

Matthias C. J. Dannhorn
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Wer ist hier der Chef?

Was die Körpersprache über Führungskräfte und –qualitäten verrät.

Führungskräfte sollten mit ihren Mitarbeitern auf Augenhöhe argumentieren“ – sagen die Einen. „Führungskräfte sollten führen und nicht der Freund ihrer Mitarbeiter sein“ sagen die Anderen. Welchen Kurs auch immer eine Führungskraft einschlägt: Erkennen können Sie es an ihrer Körpersprache.

Körpersprache ist die äußere Darstellung unserer inneren Haltung. Alles, was wir mit unserem Körper tun, hat seinen Ursprung in uns; wo sollte es sonst herkommen? Die Art, mit der sich jemand bewegt, gibt und spricht, sagt also immer etwas über seine Einstellung und seinen Charakter aus.

Bereits 1972 wurde in einer Untersuchung erstmalig ermittelt, aufgrund welcher Kriterien Menschen andere Menschen beurteilen. Rund 60 Prozent, so weiß man heute, entfallen allein auf unsere Körpersprache. Die Stimme wirkt noch mit etwa 30 Prozent und maximal 10 Prozent kommen dem sachlichen Inhalt zu. Aus diesem Grund ist kaum verständlich, weshalb noch immer so viele Führungskräfte glauben, Inhalte seien entscheidend und gleichzeitig der Art, auf welche man diese vermittelt, so wenig Bedeutung beimessen.

Die Geste zeigt den Unterschied

Nicht jeder Mensch in einer Führungsposition ist zwangsläufig auch eine Führungspersönlichkeit. Doch insgesamt gilt: Je höher der berufliche Status, desto deutlicher sieht man dies der Körpersprache an: Vorstandsvorsitzende und Aufsichtsratsmitglieder internationaler Unternehmen, Führungskräfte großer Institutionen und Wirtschaftszweige, Diplomaten, Politiker aber auch Führungskräfte in weniger prominenten Positionen: Sie alle sind einen mitunter langen und harten Weg gegangen, um ihre Position zu erreichen. Neben den selbstverständlich erforderlichen fachlichen Kompetenzen waren und sind sowohl der Wille als auch die Fähigkeit zur Macht notwendige Charaktereigenschaften, die man entweder von vornherein mitbringen oder sich im Lauf der Zeit hart erarbeiten muss. Zwangsläufig entwickelt sich dabei mit der Zeit eine Körpersprache, die deutliche Signale der Macht sendet. Typische Machtgesten sind unter anderem:

reduzierter Blickkontakt

Die Augen haben eine enorm starke Wirkung. Für mangelnden Blickkontakt gibt es zwei Hauptgründe: Entweder man hält sein Gegenüber nicht für wichtig genug oder man fürchtet sich vor ihm oder ist zumindest schüchtern. Im Zusammenhang mit Macht ist selbstverständlich vom Ersten auszugehen.

mechanisches Lächeln

Ein echtes Lächeln wird rund um den Globus als sympathisch empfunden, denn es verringert die emotionale Distanz zwischen Menschen. Deshalb wird es seltener, je autoritärer man führt. Beim mechanischen Lächeln bleiben die Augen unbeteiligt, es wirkt distanziert und unverbindlich.

kurze, knappe und eindeutige Gesten

Entschiedene Menschen konzentrieren sich auf Entscheidendes. Unruhige Bewegungen deuten auf Unentschlossenheit, Nervosität oder Zaghaftigkeit hin. Wer weiß, dass er in seiner Position Akzeptanz erfährt, kann auf weitschweifige Gesten verzichten.

Beschäftigung mit anderen Dingen, während jemand spricht

Ein Verhalten, das oft als arrogant oder unhöflich wahrgenommen wird und bei dem man seinem Gegenüber deutlich signalisiert, dass dessen Anliegen höchstens als zweitrangig bewertet wird.

Körperkontakt bei Handlungsvorgaben sowie fehlende Rücksichtnahme auf Distanzzonen anderer

Dass Führungskräfte Aufgaben zuweisen und delegieren ist normal. Mitunter werden solche Anweisungen jedoch mit körperlicher Berührung kombiniert. In der deutschen Kultur ist Körperkontakt im geschäftlichen Kontext mit Ausnahme des Händedrucks bei der Begrüßung allerdings meist ein Tabu. Er stellt einen Eingriff in die Intimsphäre dar, der darauf hindeutet, dass der Ausführende diese nicht respektiert. Der Klassiker hierbei ist die männliche Führungskraft, die sich hinter ihre Sekretärin stellt, die Hände rechts und links an ihr vorbei auf den Schreibtisch stützt und ihr dabei über die Schulter blickt. Diese und weitere Formen der Distanzverletzung, z. B. nahes Herantreten an Untergebene, die Beschneidung des Anderen zur Verfügung stehenden Raumes oder die Positionierung auf kleinen, niedrigen Stühlen sind Signale der Herabsetzung des Gegenübers.

Ausweitung eigener Distanzzonen

Durch raumgreifende Ausweitung der eigenen Distanzen wird der persönliche Machtanspruch verdeutlicht. Ausladende Gesten dokumentieren dabei den Status und das Beherrschen des Raumes ebenso wie ein großer Schreibtisch mit hohem „Chefsessel“ in einem geräumigen Büro. Auch das Betreten eines Mitarbeiterbüros ohne Anklopfen ist ein Hinweis auf einen Territorialanspruch.

Im Gegensatz zu den oben genannten Machtgesten, die übrigens deutlich stärker bei Männern als bei Frauen festzustellen sind, deutet eine unauffällige, auf wenig Raum begrenzte Körpersprache auf Bescheidenheit oder Zurückhaltung hin. Auch, wenn dies grundsätzlich keine negativen Verhaltensweisen sind – für eine Führungskraft können sie sich nachteilig auswirken.

Dies ist ein maßgeblicher Grund dafür, dass von weiblichen Führungskräften oftmals wesentlich mehr Leistung erwartet wird als von ihren gleichgestellten männlichen Kollegen: So werden bestimmte Gesten von Frauen so gut wie nie angewandt; und wenn, dann würde man sie vermutlich nicht ernst nehmen. Beispiel: Ein Mann, der während einer Präsentation vor einem Kunden mit schulterbreit auseinander stehenden Füßen die Vorteile des Konzeptes erläutert, wirkt selbstbewusst und überzeugend, (vorausgesetzt natürlich, der Rest seines Körpers unterstützt dies).

Eine Frau in einer solchen Position käme uns vermutlich seltsam vor. Trotzdem sie ebenso selbstbewusst ist, stünden ihre Füße lediglich hüftbreit auseinander. In Fällen wiederum, in denen der Mann einen hüftbreiten Stand einnimmt, stellt die Frau ihre Füße direkt nebeneinander.

Um nicht missverstanden zu werden: Die weibliche Körpersprache ist grundsätzlich zurückhaltender und weniger raumgreifend. Daraus allerdings geringere Führungsqualitäten abzuleiten, wäre zweifellos eine rückständige und typisch männliche Sichtweise. Im Gegenteil: Es ist hinlänglich bekannt, dass Frauen deutlich mehr soziale Eigenschaften und Fähigkeiten haben als Männer. Entsprechend äußert sich dies eben in ihren körpersprachlichen Signalen. Gleichzeitig ist es eine Tatsache, dass männliche Führungskräfte mit einer weichen, zurückhaltenden Körpersprache im beruflichen Kontext schwerer bestehen.

Wollen wir wissen, wie wir positiv wirken und trotzdem die notwendige Akzeptanz erfahren, die man als Führungskraft braucht, können wir dies von Charismatikern lernen: Ein charismatischer Mensch begrüßt uns mit strahlendem Lächeln und einladenden Gesten, tritt selbstbewusst auf und agiert häufig im Mittelpunkt. Dies tut er jedoch, ohne aufdringlich oder selbstgerecht zu wirken. Er zieht die Aufmerksamkeit von allein auf sich, sobald er einen Raum betritt. Einige wesentliche Merkmale positiver Körpersprache sind daher …

  • ein natürliches, von Herzen kommendes Lächeln,ein klarer Blickkontakt,
  • offene Gesten, mit denen Gesagtes untermalt wird,
  • Freundlichkeit und gutes Benehmen im Umgang mit anderen,
  • ein mit Bescheidenheit gepaartes Selbstbewusstsein,
  • Kenntnisse im Umgang mit Raum und Distanzen,
  • Vermeidung von negativen, kleinen oder versteckten Gesten.

Um unser Gegenüber positiv zu stimmen, müssen wir selbst positiv sein. Dazu benötigen wir die entsprechende Einstellung: Das zu erreichende Ziel vor Augen haben, den Blick auf Lösungen richten, anstatt auf Probleme, auf positive Gemeinsamkeiten mit unserem Gegenüber achten, statt auf Differenzen. Leider wird solch ein Verhalten oft mit unkritischem „Schönreden“ verwechselt. Einer großen Mehrheit der Deutschen fällt es leichter, sich zu beklagen, anstatt den Fokus auf Positives zu legen. Diese Fähigkeit fehlt uns dann in Situationen, in denen es darauf ankommt, unser Gegenüber von uns zu überzeugen; auch dann, wenn mal unangenehme Punkte auf der Tagesordnung stehen.

Welches Vorgehen man als Führungskraft auch immer für das richtige halten mag: Man sollte dazu stehen und nicht versuchen, etwas anderes darzustellen, als man ist. Ein kollegialer Chef wird auf typische Machtgesten verzichten, während eine Führungskraft die vorgibt, ihre Tür stehe den Mitarbeitern immer offen, sich ebenso unglaubwürdig macht, wenn sie stets peinlichst darauf bedacht ist, sie geschlossen zu halten. Für den Zweifelsfall gilt: Glauben Sie eher der Körpersprache als den Worten!