Die Ordnungen des Erfolgs

An dieser Stelle ein Artikel von Trainer zu Trainer – natürlich auch für Leserinnen und Leser, die sich für die systemischen Vorgänge im Vorfeld von Aufträgen interessieren.

Können Sie sich erinnern, dass der Verlauf von Aufträgen im Trainingsbereich unterschiedlich ist? Woran liegt das – oder woran kann das liegen?

Häufig liegt die Ursache im Vorfeld, im Breefing! Um diese Ursache näher zu betrachten, habe ich die Kooperation einer kompetenten und netten Kollegin – Frau Marion Lockert – gewinnen können.
Frau Lockert hat im folgenden Artikel nicht nur die Ursachen beleuchtet, sondern auch konkrete Lösungsvorschläge dargestellt.

Ich wünsche viele Anregungen und wenig Anlass, solche kritischen Situationen meistern zu müssen. Sind sie einfach vorbereitet!

Matthias C. J. Dannhorn
————————————————————–

Gefahr durch vergiftete Aufträge
Marion Lockert

Was unterscheidet die systemische Organisationsberatung von einer herkömmlichen? Worauf sollten wir achten, wenn es um die Auftragsklärung geht? Was sind „vergiftete Aufträge“ und wie gehe ich damit um? Das Wissen um diese Dinge kann möglicherweise Ihren Ruf als Trainer retten.

Stellen Sie sich vor: Ein Kunde lädt Sie zu einem Auftragsklärungsgespräch ein. Es geht um die Schulung und Entwicklung von 8 konkurrierenden Standortleitern des Logistikbereiches. Seit einiger Zeit zeige sich, so die Personalleiterin, dass die neue Geschäftsentwicklung Veränderungen der Firmenkultur nach sich ziehen und den patriarchalischen Führungsstil zu mehr Kooperation und Selbstverantwortung wandeln müsse. Der Impuls dafür komme direkt vom obersten Chef, und die Personalabteilung sei beauftragt, den Prozess in Gang zu bringen. Der Leiter Logistik, ein alter Haudegen, sei noch nicht informiert und müsse „feinfühlig ins Boot geholt“ werden.
Der Reiz, solch einen spannenden Auftrag anzunehmen, ist groß. Doch bald wird sich zeigen, dass der Auftrag „vergiftet“ ist und mehr Schwierigkeiten, Zeit und Kraft kostet, als Ergebnisse bringt.
Was können Trainer und Berater von der systemischen Betrachtungsweise lernen, um Fallen rechtzeitig zu erkennen?

Systemischer Blickwinkel

So wie bei einem Mobile hängen die Elemente einer Organisation zusammen. Gerät ein Teil in heftige Bewegung, kann die Impulsquelle an völlig anderer Stelle sein.

Die systemdynamische Organisations­beratung unterscheidet deshalb zwischen Problem und Symptom. Sie betrachtet geschilderte Sachverhalte lediglich als Symptome, als Teil­aspekt eines Ganzen. Richte ich mein Augenmerk also nur darauf, arbeite ich womöglich an der
„dicken Wange“, nicht aber an der Entzündung des Nervs.

Die Dynamiken, die entstehen, sind den in Familiensystemen beobachteten Regeln weit­gehend analog. Diese Systemdynamiken von Ausgleich, Bindung und Ordnung bestehen ungeachtet eines Wissens um sie – und wirken!

Einordnung von Problemen

Nach Vollziehen der Analyse ist es für die Wahl von Maßnahmen hilfreich, die Probleme auf vier Kategorien zu überprüfen. Handelt es sich also um ein:

1. Individuelles Problem,
2. Bildungs- und Qualifikationsdefizit,
3. um Betriebswirtschaftliche / Organisations-Probleme oder
4. systemische Konflikte, Verletzung von Bindung, Ausgleich oder Ordnung?

Um zu unserem Fall zurückzukehren: Auch wenn es zunächst so scheint, als ob es um eine Qualifizierung der Standortleiter ginge (Kat. 2), so wird beim näheren Hinsehen schnell klar: Hier sind verschiedene Aspekte der Ordnung verletzt, das Problem nicht erkannt. Der Auftrag kann so nicht funktionieren. Warum?

Kleine Systemtheorie

Hat eine Organisation, also ein System, eine Störung der Ordnung, entwickelt es eine Ausgleichsbewegung, die der Stabilität dienen soll (wie bei unserem Mobile). Deshalb betrachtet man die Symptome eines Systems als dessen (möglicherweise scheiternde) Lösungsversuche.

Bevor eine neue Lösung bewährt ist, ver­ursacht sie zeitweilige Instabilität. Und da ein System immer darauf bedacht ist, stabil zu bleiben, entwickelt es unbewusst auch eine Stabilisierung des Problemzustandes. Die Art der Symptombeschreibung und Vorgehensweise der Kunden sind dabei bereits Teil des Problems.

Nun kommt der Berater dazu. Er ist bis zur Auftragserteilung ein selbständiges System – und ab dann ebenfalls Teil des Spiels. Er ist nur dann in der Lage, die Symptomatik zu erkennen, wenn er die einfache Ebene der Ursache-Wirkungs-Beschreibung verlässt – zum Beispiel mit Hilfe einer Systemaufstellung.

Vergiftete Aufträge

Was macht diesen Auftrag denn nun zu einem „vergifteten“? Und woran erkenne ich ihn?

Ein vergifteter Auftrag ist ein Auftrag, bei dem das System wegen der zu erwartenden Instabilität (unbewusst) die Lösung nicht erlaubt. Das System wird dabei versuchen, durch die Art der Auftragserteilung die Lösung zu verhindern. Übernimmt der Berater oder Trainer also den Auftrag auf der Basis der angebotenen Beschreibung und geht nicht in die Tiefe, ist die Veränderungschance gering, die Stabilität gewahrt. Das Training findet statt – und zeigt kaum Wirkung. Nach außen verantwortlich ist der Trainer. Und so ist der Auftrag zwar bezahlt, aber der Ruf angeknackst.

Kennzeichen von vergifteten Aufträgen

Worauf sollten wir bei der Auftragsklärung also achten? Woran erkennen Sie vergiftete Aufträge?

  • Wunsch des Auftraggebers: Teile meine Illusion! Sei parteiisch!
  • Gespräch / Auftrag ohne Wissen oder Wunsch der beteiligten Führung;
  • Verbrüderungs- und Koalitionsangebote gegen Mitglieder des Systems
  • Muster wiederholen sich;
  • bisherige Trainings- oder Coaching-Maßnahmen greifen nicht;
  • schon andere haben Lösung probiert;
  • Training wird ohne Verbindlichkeit und Engagement erfragt: = reine Kosmetik (Legitimation: „Wir haben’s ja versucht.“);
  • Führungs-Aufgabe wird an Trainer delegiert;
  • Führung nimmt Platz nicht ein;
  • Chef lebt persönliche familiäre
  • Sabotagemuster;
  • Chef ist selbst das Problem durch
  • Unbe­rechenbarkeit, Ungerechtigkeit,
  • Triangulierung der MA, Demotivierung etc.;

In unserem Beispiel ist als wichtigste Verletzung die Umgehung des Leiters zu nennen. Warum ist er nicht dabei, obwohl es ihn unmittelbar angeht? Er wird daraufhin vermutlich – nach außen hin kooperativ – alle Lösungsversuche boykottieren.

Ganz gefährlich ist die „Eitelkeitsfalle“: Sagt Ihnen ein Auftraggeber, dass alle bisherigen Maßnahmen gescheitert seien, weil vorherige Trainer sich als inkompetent entpuppten und SIE – endlich mal jemand Vernünftiges – die neue Hoffnung sind, und Sie freuen sich – dann hängen Sie schon mittendrin!

Es lohnt sich, Aufträge mit systemischem Blick zu sehen und mit Hilfe einer Business­aufstellung auf Fallstricke zu analysieren. So
werden die Knackpunkte erkannt und es wird möglich, wirksame Lösungsimpulse zu setzen. Für mehr Zufriedenheit und Erfolg aller Beteiligten!

Literatur-Tipps:
Grochowiak /Castella (2001), Systemdynamische Organisationsberatung
Holitzka /Remmert (2006), Systemische Organisationsaufstellungen

Weiterbildungs-Tipps:
„Die Kunst der systemischen Aufstellungen“, / Workshop „Businessaufstellung“ / Syst. Jahresgruppe, Marion Lockert Institut
Marion Lockert, Jahrg.1958, Systemaufstellerin, NLP-Lehrtrainerin + Lehrcoach, ist seit 1988 selbstständig als Kommunikations-, Management- und Persönlichkeitstrainerin für Unternehmen. Sie bietet Coaching, Ausbildungen in NLP und in der Leitung systemischer Aufstellungen und veranstaltet offene Seminare zu Familien- und Businessaufstellungen.

Marion Lockert, Jahrg.1958, Systemaufstellerin, NLP-Lehrtrainerin + Lehrcoach, ist seit 1988 selbstständig als Kommunikations-, Management- und Persönlichkeitstrainerin für Unternehmen. Sie bietet Coaching, Ausbildungen in NLP und in der Leitung systemischer Aufstellungen und veranstaltet offene Seminare zu Familien- und Businessaufstellungen.

Marion Lockert Institut
Training.Coaching.Entwicklung
Richard-Wagner-Straße 11
D-30177 Hannover
www.marion-lockert-institut.de